Albanische Kunst
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Mit dieser Website soll ein Blick auf die schöpferische Tätigkeit der Albaner
geworfen werden: auf jene Werke, die einen - wie auch immer gearteten -
künstlerischen Bezug zu Albanien bzw. den Albanern haben. Es geht nicht
darum, eine umfassende Kunstgeschichte Albaniens darzustellen, sondern
lediglich einige Aspekte und Phänomene, die für den internationalen
Leser/Zuschauer von Interesse sein könnten.
Die albanische Volkskunst, byzantinische Traditionen und die fünf Jahr-
hunderte währende osmanische Herrschaft haben die Künste in Albanien
entschieden geprägt. Unter den frühsten Bauwerken mit künstlerischem Wert
in Albanien sind die vielen byzantinischen Kirchen, besonders in Berat (um
1300) und den Gebieten von Gjirokastra und Korça, sowie alte Moscheen wie
die Mirahor-Moschee von Korça (1495), die Sultan-Moschee (1492) und die Blei-
Moschee (1553-1554) von Berat, die Murad-Moschee von Vlora (1537-1542), die
Naziresha-Moschee von Elbasan (vor 1599), die Blei-Moschee von Shkodra
(1773-1774) und die Et’hem-Bey-Moschee von Tirana (1793-1794). Weniger
bekannt sind die wunderschön geschwungenen Brücken in der osmanischen
Tradition, von denen nur wenige die Jahre überstanden haben. Von den
frühkatholischen Kirchen im Norden sind auch nur wenige geblieben. Die
kunsterlisch eindrucksvollsten Privatwohnungen des Landes befinden sich
vornehmlich in Gjirokastra, im Mangalemviertel von Berat (die Stadt der
tausend Fenster), und hier und dort in den abgelegenen Gebieten Nord-
albaniens und Kosovos mit ihren einsamen kullas (steinerne Wehrtürme).
Nach Mosaiken und Wandmalereien der Antike und des Mittelalters stellen
Ikonen der byzantinisch orthodoxen Tradition die ersten konkreten Zeugnisse
der Malerei in Albanien dar. Die frühesten Ikonen stammen aus dem späten 13.
Jahrhundert und sie erreichen ihren Höhepunkt im 18. Jahrhundert. Unter den
bekanntesten Protagonisten der albanischen Ikonenmalerei sind Onufri und
David Selenica. Die Museen in Berat, Korça und Tirana zeigen das, was aus
dieser langen Tradition in Albanien noch erhalten ist. Während der
osmanischen Herrschaft beschränkte sich die übrige Malerei hauptsächlich auf
Volkskunst und die Innenausstattungen von Moscheen.
Die moderne Malerei und Skulptur beginnt in der ersten Hälfte des 20.
Jahrhundert. Sie erreicht einen Höhepunkt in den 1930er und 1940er Jahren, als
die ersten landesweit bedeutsamen Kunstausstellungen stattfinden.
Die bestehenden Traditionen der albanischen Kunst wurden durch das
kommunistische Regime, das im November 1944 die Macht übernahm, im
Großen und im Ganzen zerstört. In den folgenden Jahren bemühten sich einige
Künstler, sich der neuen Lehre des sozialistischen Realismus anzupassen.
Andere flüchteten oder hörten gänzlich auf, künstlerisch tätig zu sein. Die von
der chinesischen Kulturrevolution geprägten Säuberungen der Jahre 1966-1967
erschraken alle albanischen Kunstschaffenden. Einige bekannte Künstler
kamen ins Gefängnis, noch mehr wurden wegen angeblicher bürgerlicher oder
reaktionärer Einflüsse in abgelegenen Dörfern interniert. Zahlreiche Werke
verschwanden. Nach dem amtlichen Verbot der Religion in Albanien im Jahre
1967 vermoderten alte Ikonen, Gemälde, Bücher und Handschriften in Kellern
oder in verlassenen Kultgebäuden, da die Menschen Angst hatten, sich um sie
zu kümmern. Damals gab es im Lande noch ca. 1.050 Moscheen, 200 Tekkes und
Mausoleen des Bektaschi-Ordens und um die 400 katholische und orthodoxe
Kirchen. Die meisten von ihnen wurden bald abgerissen oder radikal
umfunktioniert. Unter den Opfern dieses beispiellosen Kulturfrevels waren
viele auch kunsthistorisch wertvolle Moscheen und Kirchen, die erst wenig
Jahre davor von albanischen Fachleuten mühsam restauriert worden waren.
Trotz der vielen Verluste in Kriegen und den verschiedenen Wellen der
kulturellen Selbstzerstörung hat Albanien an Kunst aber noch viel zu bieten.
Diese Internetseite hofft dazu beizutragen, Interesse für diese alte Kultur zu
wecken.
Robert Elsie