Einleitung:
Klassische albanische Malerei
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Mit den Werken des Kolë Idromeno (1860-1939) aus Shkodra und des
Spiro Xega (1876-1953) aus Korça, sowie des Andrea Kushi (1884-1959) und
des Simon Rrota (1887-1961) aus Shkodra in den ersten Jahrzehnten des
20. Jahrhunderts kann man von einer albanischen Schule der Malerei sprechen.
Unter weiteren bekannten Klassikern dieser Schule im 20. Jahrhundert sind:
Vangjush Mio (1891-1957), Abdurrahim Buza (1905-1986), Zef Kolombi (1907-
1949), Sadik Kaceli (1914-2000), Nexhmedin Zajmi (1916-1991) und Guri Madhi
(1921-1988). Die ersten, die ihre Zeichnungen dem Publikum zeigten, waren
vermutlich Studenten aus Shkodra. Vangjush Mio veranstaltete in Korça im
Jahre 1920 die wohl erste individuelle Kunstausstellung in Albanien. Mio zeigte
seine Gemälde im Jahre 1926 erneut in Korça, und dann 1928 in Tirana. Damit
wurde er der erste beruflich erfolgreiche albanische Maler. Im Mai 1931 fand
die erste nationale Kunstausstellung im Café Kursaal in Tirana statt, an der
bekannte Maler und Bildhauer teilnahmen. Diese Ausstellung erwies sich als
ein Erfolg. Im gleichen Monat wurde die Gesellschaft Freunde der Kunst
(Shoqnia Miqt‘ e Artit) mit dem Ziel ins Leben gerufen, eine Nationalgalerie
(pinakoteka kombëtare) zu gründen. Eine anfänglich von Andrea Kushi geführte
und später vom italienischen Künstler Mario Ridola geleitete Kunstschule
(shkolla e vizatimit) wurde im Januar 1932 gegründet, die jungen Malern
wesentliche Impulse gab. Weitere Kunstausstellungen fanden im Juni 1942
und einige Monate nach der deutschen Besatzung im April 1945 statt. Die
albanische Malerei - bescheiden noch im europäischen Vergleich - konnte nun
auf festen Füßen stehen.
Mit der kommunistischen Machtübernahme am Ende des Zweiten Weltkrieges
änderte sich in der Malerei wie in beinahe allen Sphären des Lebens alles. Im
Jahre 1945 wurde in Tirana die staatliche Jordan-Misja-Kunstakademie ins
Leben gerufen, und wenig später errichtete man Kunstschulen auch in anderen
albanischen Städten, aber einige Maler waren verunsichert und zogen sich aus
dem öffentlichen Leben zurück. Andere bemühten sich wiederum, sich den
neuen Umständen anzupassen, indem sie Gemälde im Sinne des sozialistischen
Realismus schufen. Im Rückblick herrscht heute allgemein die Meinung, dass
während der ersten drei Jahrzehnte der Diktatur nur wenige Werke mit
ästhetischer Anziehungskraft geschaffen wurden. Im September 1960 wurde
das Höhere Institut für Bildende Kunst (Instituti i Lartë i Arteve Figurative) in
Tirana gegründet, das 1991 an die Albanische Akademie der Wissenschaften
und Künste angegliedert wurde. Besonders schwierig für albanische Künstler
war das Jahrzehnt politischer Unruhe von der Kulturrevolution 1966-1967 bis
zum Jahre 1975, als etliche Maler gefangen bzw. interniert wurden und viele
Kunstwerke von den Behörden vernichtet wurden. Erst in den späten 1970er
und in den 1980er Jahren wurde ein Höhepunkt der sozialistischen Malerei
erreicht, als einige Künstler vorsichtig experimentierten und revolutionäre und
nationalistische Gefühle in verschiedenen Stilrichtungen ausdrückten. Obgleich
die Werke dieses Zeitalters beinahe alle im Dienst der Propaganda standen,
waren einige von bleibendem ästhetischem Wert. Auch während des
Sozialismus wurden neue Institutionen zur Förderung der Kunst geschaffen.
Im Kosovo erfuhren die Künste erst nach dem Zweiten Weltkrieg ent-
scheidende Impulse, als das Land Teil des sozialistischen Jugoslawiens wurde.
Haupteinrichtung war die im Jahre 1949 gegründete Kunstschule von Peja. Die
begabtesten Schüler aus Peja schickte man weiter an die Kunstakademien von
Belgrad, Zagreb und Ljubljana, später auch nach Sarajevo. In den 1960er Jahren
wurde an der pädagogischen Hochschule in Gjakova eine Kunstabteilung
geschaffen und im Jahre 1974 wurde in Prishtina die Akademie der Künste
eingerichtet. Die Malerei in Kosovo war von Anfang an eine akademische
Tradition, wobei die meisten Professoren eigene Ateliers hatten. In den 1980er
Jahren blühten die Malerei, Bildhauerei, Design und graphische Künste auf,
doch mit der allmählichen Zunahme politischer und wirtschaftlicher Probleme
im Lande und mit der Säuberung der Albaner aus Institutionen und mit der
Entfernung ihrer Werke aus öffentlichen Galerien flüchteten viele albanische
Künstler ins Ausland, u.a. nach Italien, Deutschland und Frankreich. Erst seit
dem Kosovokrieg (1998-1999) haben einzelne Künstler sich auch im Kosovo
einen Namen gemacht.
Seit der Wende, d.h. seit dem Zusammenbruch der Diktatur in Albanien und
seit dem Ende der serbischen Vorherrschaft im Kosovo, sind albanische
Künstler nun frei, ihre schöpferische Impulse zum Ausdruck zu bringen,
obwohl sie auf der anderen Seite, im Vergleich zum Sozialismus, auf staatliche
Förderung verzichten müssen. Die größte Sammlung albanischer Kunst
befindet sich in der Nationalgalerie in Tirana. Weitere sehenswerte
Sammlungen befinden sich in Korça, Shkodra und Prishtina.